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Cannabis-Unternehmen aus Berlin macht Regierung Druck – „da muss jetzt ein bisschen mehr kommen“

Ein Cannabis-Unternehmen aus Berlin bezieht Stellung zu dem Kabinettsbeschluss der Teillegalisierung von Gras in Deutschland.

© IMAGO/Political-Moments

Brennpunkt für Drogen und Delikte: das ist der Görlitzer Park in Berlin

Der Görlitzer Park ist eine beliebte Grünanlage im Berliner Stadtteil Kreuzberg. Neben Liegewiesen bietet der Park auch zahlreiche Sport- und Spielplätze. Der Görlitzer Park sorgt aber auch immer wieder für Negativschlagzeilen. Die Grünanlage gilt seit Jahren als Brennpunkt von Drogenkriminalität, Diebstahl, Bedrohungen und weiteren Delikten.

Die Ampelkoalition stimmte am Mittwoch, dem 16. August in Berlin dem Gesetzesentwurf des amtierenden Gesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD) zur Legalisierung von Cannabis in Deutschland zu. Mit einem Zwei-Säulen-Plan soll sowohl der Konsum als auch der Anbau von Marihuana in Zukunft nicht mehr strafbar sein.

Bereits beim Wahlkampf zur Bundestagswahl 2021 hatten zwei der Koalitionspartner selbst mit der Legalisierung von Cannabis in Deutschland geworben: die Grünen/Bündnis 90 und die FDP („Wann Bubatz legal?“). Am Ende dieser Wahl bildeten sie gemeinsam mit der stimmenstärksten Partei SPD die sogenannte Ampelkoalition und aus den Plänen zur Legalisierung der momentan noch illegalen Droge wurde ein konkretes Vorhaben.

Berlin: „Steigerung des Cannabiskonsums“

Die bisherige Cannabisdrogenpolitik in Deutschland gilt als gescheitert. Besonders während der Corona-Pandemie ist der Konsum illegaler Drogen in Berlin und ganz Deutschland gestiegen. „Jugendliche berichteten von einem signifikanten Zuwachs im Cannabiskonsum im Vergleich zum Niveau vor der Pandemie. Von jungen Erwachsenen wurde ebenfalls eine Steigerung des Cannabiskonsums berichtet. Diese
verlief jedoch deutlich weniger steil“, so steht es im Bericht „Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Substanz- und Medienkonsum Jugendlicher und junger Erwachsener in Deutschland“.

Umso dringlicher also das Problem mit dem Konsum illegaler Drogen in den Griff zu bekommen. Was das Cannabis betrifft, steht der Plan bereits: Es soll in Zukunft einfach nicht mehr illegal sein. Nachdem das Bundeskabinett dem Vorschlag zugestimmt hat, fehlt nur noch, dass auch der Bundestag den Beschluss „durchwinkt.“

Cannabis-Branche bereitet sich auf Legalisierung vor

Thilo Grösch ist Pressesprecher des Cannabis-Unternehmens „Sanity Group“ in Berlin. Im Gespräch mit BERLIN LIVE berichtet er, wie das Unternehmen und die Cannabis-Branche zu den aktuellen Ereignissen in Sachen Cannabis-Legalisierung steht.

Das Unternehmen ist hauptsächlich für sogenanntes Medizinal-Cannabis zuständig, also Cannabis, dass derzeit in Deutschland von Ärzten verschrieben werden kann und welches die Patienten in einer Apotheke abholen müssen.



„Natürlich bereiten wir uns auch, seitdem im Koalitionsvertrag die Legalisierung angekündigt wurde, auf das Thema Genuss-Cannabis vor.“ Die ersten Schritte, die nun am Mittwoch von Lauterbach vorgestellt und vom Kabinett beschlossen wurden, seien für das Unternehmen nichts Neues. Außerdem betreffe sie diese ersten Schritte vorerst nicht.

Entscheid in Berlin: Vorerst nur Entkriminalisierung

„Das gestern (16. August, Anm. d. Redaktion) ist eigentlich nur die Entkriminalisierung und das ist keine wirkliche Legalisierung in dem Sinne.“ Eine wirkliche Legalisierung über den Verkauf durch Geschäfte solle erst in Säule 2, mit der Einführung der sogenannten Pilotprojekte kommen. „Nichtsdestotrotz freuen wir uns darüber! Weil es der erste, wichtige Schritt ist.“

„Säule 2, der nächste Gesetzentwurf, der jetzt kommt, der in den nächsten Monaten erwartet wird, […] das wird für uns alle als Unternehmen spannend, weil da geht es darum, diese Legalisierung in Pilotprojekten umzusetzen.“ Einzelne Bezirke in Berlin hätten sich schon ins Spiel gebracht und wollten daran teilnehmen. Was in diesem Gesetzesentwurf der „Säule 2“ genau drinstehen wird, ist jedoch noch völlig unklar.

Schweiz als Vorbild

Die „Sanity Group“ kann sich vorstellen, dass es in Deutschland zu einem ähnlichen Modell wie in der Schweiz kommen wird. Dort wurde im letzten Jahr das erste Pilotprojekt in Basel-Stadt gestartet. Menschen müssen sich für den legalen Kauf von Cannabis bewerben und ihren Konsum für die Studie, die das Projekt wissenschaftlich begleitet, mitteilen. Über einen Zeitraum von fünf Jahren werden somit die Daten erhoben, die der Schweiz später bei der Entscheidung Cannabis zu legalisieren oder nicht, helfen soll.

Das Cannabis-Unternehmen aus Berlin hat Bestrebungen, bei den Schweizer Projekten teilzunehmen und ist bereits sehr fortgeschritten. Auch bei möglichen Pilotprojekten in Deutschland würde die Sanity Group gerne mitwirken. Bis dahin ist jedoch weiterhin Geduld gefragt: „Natürlich dauert das alles sehr lange und wir als Unternehmen würden uns manchmal wünschen, es würde schneller gehen.“


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Aus unserer Sicht ist es etwas unverständlich, dass diese Säule 1 und Säule 2 nicht parallel angegangen werden.“ Man könne immer Daten aus Ländern wie Kanada, wo Cannabis bereits legalisiert ist, herbeiziehen. „Aber das ist halt Kanada, das ist nicht Deutschland.“ Deswegen fände das Unternehmen und die Branche gut, wenn Pilotprojekte kommen würden und sagen: „Da muss ein bisschen mehr kommen, von der Regierung.“