Lange war der Antisemitismus in Berlin nicht mehr so deutlich zu spüren, wie in den vergangenen Wochen. Davidsterne werden an Häuser gesprüht, Synagogen müssen stärker von der Polizei überwacht werden und Restaurants jüdischer Besitzer schließen vorübergehend.
Gerade in der deutschen Hauptstadt, in der der Holocaust seinen Anfang nahm, ist das ein Armutszeugnis. Insbesondere in Hinblick auf die lange Tradition, auf die Juden in Deutschland zurückblicken können. Genau aus diesem Grund wollte der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf eine App veröffentlichen, mit der „diese Geschichte wieder lebendig“ gemacht werden könnte, berichtet die „Bild.“
Am Donnerstag wird in Berlin der Reichspogromnacht gedacht
Doch der Start der App wird nun verschoben. „Wir hätten die App gerne zu einem geschichtsträchtigen Datum, wie dem 9. November, freigegeben“, erklärt Bezirksbürgermeisterin Kirstin Bauch (Grüne).
An diesem Tag jährt sich dieses Jahr zum 85. Mal die Reichspogromnacht. Damals, im Jahr 1938, zogen Nazis durch die Städte und zerstörten systematisch Synagogen, plünderten Läden, schlugen und töteten Juden. Sie gilt als Start des Völkermords in Europa.
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Interaktive App soll Erinnerungskultur fördern
Gegen eine Freigabe der App zum jetzigen Zeitpunkt spricht laut Bauch die Sorge, es könnte zu antisemitischen Übergriffen kommen. „Ich möchte kein Risiko eingehen, dass Menschen auf dem Spaziergang durch den Bezirk, an die Orte jüdischen Lebens, etwas passiert oder dass sie aus Angst gar nicht erst antreten“, so Bauch.
Hintergrund ist, dass man mit der App in einem interaktiven Programm „durch den Bezirk zu wichtigen Orten, wie der Schaubühne, dem KaDeWe und dem Yva-Bogen“ geführt wird. Auch die Geschichten von jüdischen „Ikonen (…) wie Erich Mendelsen, Marlene Dietrich, Albert Einstein und Helmut Newton“ können angehört werden. Durch diese interaktive Spielart soll die Erinnerungskultur erlebbar gemacht werden.
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Das Verschieben des App-Launches wird auch damit begründet, dass entsprechende Werbemöglichkeiten, um die App bekannt zu machen, im Moment nicht möglich seien. Die politische Situation ließe das kaum zu. „Stattdessen soll die App nun im Frühjahr veröffentlicht werden – inklusive großer Marketingkampagne“, berichtet die „Bild.“