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Berlin: Muss TU-Präsidentin Rauch heute gehen? „Übergriffig und paternalistisch“

Die Technische Universität Berlin wird bald über die Zukunft ihrer Präsidentin entscheiden. Die Jüdische Gemeinde hat eine klare Meinung.

Berlin
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Bundesbeauftragter: Judenhass so stark wie seit Jahrzehnten nicht

Der Hass gegen Juden in Deutschland ist laut dem Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, Felix Klein, auf einem so hohen Niveau wie seit Jahrzehnten nicht. Seit dem 7. Oktober wurden mindestens 2000 Straftaten im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt gezählt, sagte Klein in Berlin.

In Berlin schauen heute viele auf die Technische Universität (TU). Denn die Präsidentin der Uni, Geraldine Rauch, hatte im Netz antisemitische Posts mit einem Like versehen. Viele Seiten sprachen sich daraufhin für eine schnelle Reaktion und einen Rauswurf der Mathematikerin aus. Doch die TU beharrte auf den akademischen Abläufen.

Für den heutigen Donnerstag (6. Juni) hat der Akademische Rat der Universität angekündigt, seine Meinung zu dem Sachverhalt vorzubringen. BERLIN LIVE hat bei der Jüdischen Gemeinde zu Berlin nachgefragt, was man sich dort von diesem Schritt verspricht.

Berlin: Appell an die Vorbildfunktion

Sigmount A. Königsberg, Beauftragter gegen Antisemitismus der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, betont in der Debatte Rauchs Vorbildfunktion für alle Hochschulangehörige: „Wir erachten Sie durch Ihr Verhalten als Präsidentin nicht mehr tragbar und schließen uns den Rücktrittsforderungen ausdrücklich an.“

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„Ebenso ist es äußerst befremdlich, dass sie einen Beauftragten gegen Antisemitismus berufen hat, ohne sich mit den Betroffenen ins Benehmen zu setzen“, erklärte Königsberg gegenüber BERLIN LIVE. Weder mit jüdischen Studentenorganisationen noch mit der Jüdischen Gemeinde habe es einen solchen Kontakt gegeben: „Dieses Vorgehen sehen wir als übergriffig und paternalistisch an.“

Judenfeindlichkeit überrascht Gemeinde nicht

Dass es in Berlin und andernorts zurzeit gerade Universitäten sind, an denen antisemitische Parolen verfangen, wundere ihn nicht, erklärt Königsberg weiter: „Es wurden bereits vor Jahrzehnten Veranstaltungen des damaligen Jüdischen Studentenbunds nicht offen plakatiert, sondern bestenfalls im damaligen Mitteilungsblatt der Gemeinde bekannt gegeben.“ Das habe sich kaum gebessert.



Die Universität verfehle dabei ihre Rolle als Ort des Wissens und kritischen Austauschs. „Es ist ein grundsätzliches Problem im akademischen Milieu, dass Antisemitismus fast ausschließlich im Rechtsextremismus verortet wird. Dabei werden islamistische und linksradikale Ausprägungen übersehen, bagatellisiert und sogar negiert“, sagte Königsberg im Gespräch mit BERLIN LIVE.