Wer öfter mit dem Fahrrad in Berlin unterwegs ist, der kennt die Devise: lieber ein Schulterblick zu viel als einer zu wenig. Gerade in den Hauptverkehrszeiten sind die Straßen mehr als voll. Stoßstange an Stoßstange schieben sich die Autos durch den Verkehr.
Oft sind die Fahrer müde, wollen schnell nachhause oder sind vielleicht auch einfach mal kurz einen Moment unaufmerksam. Für Radfahrer kann gerade letzteres schnell zum Verhängnis werden. Das beweisen auch nun veröffentlichten Zahlen: Radfahrer sind auf den Berliner Straßen besonders gefährdet.
2023 starben schon 29 Berliner im Straßenverkehr
„Von Jahresbeginn bis Ende August 2023 verletzten sich im Berliner Straßenverkehr pro Tag durchschnittlich 14 Radfahrer und fünf Fußgänger“, berichtet der „Tagesspiegel.“ Der größte Anteil der Unfälle ging dabei auf Zwischenfälle von Radfahrern mit Autos sowie Lkws zurück. Insgesamt gab es davon in diesem Jahr bereits 3264.
„Unfälle zwischen Radfahrern und Fußgängern waren mit 294 Fällen wesentlich seltener. Häufigste Ursache für Radverkehrsunfälle waren den Daten zufolge Abbiegefehler von Autofahrern“, heißt es in dem Bericht. Der in der Fahrschule so häufig geprobte Schulterblick scheint demnach bei vielen in Vergessenheit zu geraten.
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Verkehrsunfälle kosteten in Berlin dieses Jahr bereits 29 Menschen das Leben. „Elf von ihnen waren per Rad unterwegs, neun zu Fuß“, erklärt der „Tagesspiegel.“
„Jeder nicht gebaute Radweg ist ein Sicherheitsrisiko für Radfahrende.“
Die Senatsinnenverwaltung veröffentlichte die Zahlen auf „Anfrage der Linken-Abgeordneten Niklas Schenker und Kristian Ronneburg.“ Für Schenker sind sie ein eindeutiger Beweis für den Bedarf an mehr sicheren Radwegen. „Jeder nicht gebaute Radweg ist ein Sicherheitsrisiko für Radfahrende. Wer das Ziel der Vision Zero ernst meint, muss vor allem eine Sache tun: sichere Radwege bauen, bauen, bauen. Wir können doch nicht mehr hinnehmen, dass viele tausend Berliner*innen täglich unsicher durch die Stadt kommen“, erklärt er.
Die „Vision Zero“ ist der Plan des Abgeordnetenhauses, Berlins Straßen sicherer zu machen. Dies wurde im Koalitionsvertrag vereinbart. Ziel ist dabei, „dass niemand mehr schwer im Straßenverkehr verunglückt.“
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Für Roland Simpel vom Fachverband FUSS e.V. liegt die Lösung hier klar auf der Hand. Er fand in einer Analyse heraus, dass die meisten tödlichen Unfälle in Tempo-50-Zonen passieren. Gleichzeitig ist aber der Ausbau dieser ein Ziel der derzeitigen Berliner Regierung, bestehend aus CDU und SPD. Dafür kritisiert er sie scharf: „Sie wollen also den größten und wichtigsten Schritt zur Vision Zero nicht gehen.“
Deshalb fordern auch die Grünen einen Ausbau der Verkehrssicherheit, insbesondere durch Investitionen. Ob das gelingt, ist allerdings fraglich, denn über „70 Berliner Verbände, Organisationen und Unternehmen (fordern) den Erhalt des Mobilitätsgesetzes in seiner jetzigen Form.“