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Berlin: Kitas werben für neue Erzieher – doch das Video schockt nicht nur Kollegen

Ein Anfang der Woche veröffentlichtes Video soll Fachkräfte für Berliner Kitas anwerben. Doch Kollegen und weitere Menschen zeigen sich geschockt.

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Einen Kita-Platz in Berlin zu finden, ist durchaus eine Herausforderung. Nicht zuletzt auch, weil es einen Fachkräftemangel gibt und Erzieher fehlen. Die vier landeseigenen Kita-Träger Kindergärten City, Kindergärten Nordost, Kindertagesstätten Nordwest und Kindertagesstätten Südost wollen dem entgegentreten und sind neue Wege gegangen, um Erzieher anzuwerben.

Am Dienstag (22.08) veröffentlichten sie auf dem YouTube Kanal „Kitas_Berlin“ ein 45-Sekunden Video im Rahmen der neuen Kampagne „Berlin braucht Erziehung“. Nicht ungewöhnlich, dass Social Media genutzt wird, um neue Mitarbeiter anzuwerben. Doch der Clip sorgt für heftige Reaktionen und schockt nicht nur Kollegen.

Video zeigt Szenen einer dreckigen Großstadt

Denn in dem Video wird eine dreckige Großstadt gezeigt. Darin lehnt eine Matratze an einer Hauswand, eine Glasflasche liegt auf einem Radweg, ein E-Roller hängt über einem Mülleimer und Pizzastücke liegen auf dem Kopf einer Skulptur. Dazu die mystischen Worte: „Die Stadt, der nichts fehlt außer vielleicht hier und da ein ganz, ganz klein bisschen Erziehung.“ Szenen, die man nicht mit einer Werbung für Kita-Personal in Verbindung bringen würde.

Entrüstet von dem ungewöhnlichen Aufruf zeigt sich der Landesverband Berlin-Brandenburg der Gewerkschaft Verdi und erklärt: „Unsere Kolleginnen und Kollegen sind durch die Bank geschockt und schämen sich für diese Kampagne.“ Und der Landesverband fordert sogar, das Video ganz offline zu nehmen. Die Begründung dafür: „Das Video wird der frühkindlichen Bildung, der Professionalität und Fachlichkeit des Berufs überhaupt nicht gerecht“, heißt es von Verdi.

Sogar die Familiensenatorin bezieht Stellung

Inzwischen hat das Video fast 300.000 Aufrufen und in den Kommentaren nehmen die User ebenfalls Stellung zu den dargestellten Szenen. Während einige befinden „mega Video“, gibt es auch hier Kritik. So schreibt eine Erzieherin: „(…) finde diese Werbung bzw. Message sowas von daneben (…)“. Zustimmung folgt promt, denn jemand anderes schreibt: „Bin komplett deiner Meinung. Noch weniger Wertschätzung für diesen wertvollen Beruf.“

Sogar Familiensenatorin Katharina Günter-Wünsch (CDU) bezieht Stellung zu dem Clip. Sie stellt bei „Bild“ fest: „Dieser Werbefilm erfüllt überhaupt nicht den beabsichtigten Zweck, qualifizierte Erzieherinnen und Erzieher für Berlin zu gewinnen.“

Bewusste Entscheidung für originellen, lauten Ansatz

Warum ausgerechnet ein solch umstrittenes Großstadtbild für den Clip gewählt wurde, wird auf der Kampagnen-Homepage erläutert. Dort heißt es: „Im Mittelpunkt der Kampagne stehen authentische Szenen direkt aus der Hauptstadt, die zeigen, wo das Zusammenleben nicht mehr ganz rund läuft; und die nur einen Schluss zulassen: Berlin braucht Erziehung!“ Und dafür brauche es Fachkräfte. Man habe sich „ganz bewusst für einen originellen, lauten Ansatz entschieden, der beides vereint.“

Entwickelt wurde die Kampagne von der Werbeagentur GUD.berlin. Deren Executive Creative Director äußert sich auch gegenüber der „Bild“ Zeitung: „Mit dieser Kampagne legen wir den Finger in die Wunde. Es geht doch nicht allein um mehr Erzieherinnen und Erzieher. Es geht um das Anstoßen einer Diskussion um die fehlende Wertigkeit dieses Berufsstandes – ähnlich der Pflege oder der Bildung generell.“


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Eine große Reichweite und jede Menge Aufmerksamkeit konnte die Werbung für Kita-Personal jedenfalls erzielen. Doch ob damit tatsächlich die so dringend benötigten Fachkräfte gewonnen werden können, muss sich erst zeigen.