Wer auf den Straßen von Berlin unterwegs ist, sieht fast jeden Tag die dollsten Dinge. Mal sind es die Menschen am Straßenrand, die in ihren bunten Outfits den Alltag verschönern. Und manchmal sind es ausgefallene Autos und Räder, die sich neben einem durch den Verkehr der Hauptstadt schlängeln.
In Berlin gibt es einfach jede Menge individuelle Styles und viele Eigenkreationen. Bei Facebook sorgte ein User aus Köpenick jetzt ein mit einem abfotografierten Fahrzeug für Aufregung, das in dieser Form sicherlich Seltenheitswert hat. BERLIN LIVE sprach mit den beiden Menschen, die sich dieses Gefährt ausgedacht haben, Stefan Schmidt und Kai Lüddecke.
Dieses Fahrzeug sorgt bei Berlinern für große Verwunderung
Auf dem Foto bei Facebook ist ein Fahrzeug zu sehen, das auf den ersten Blick wie ein Oldtimer-Cabrio ausschaut. Wer aber genauer hinsieht, entdeckt schnell, dass es sich hierbei ein Liegefahrrad mit Holzverkleidung handelt. Ziemlich außergewöhnlich und ziemlich speziell.
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In den Kommentaren äußerten sich die meisten User dann auch überrascht und begeistert. „Wie süß“, schreibt ein User und fragt: „Sieht aber echt interessant aus. Sitz- Fahrradmobil Marke Eigenbau?“ Ein anderer schreibt: „Finde ich witzig, man sitzt trocken. Erinnert mich an einen Kabinenroller. Messerschmitt, Isetta.“
Bei der hier genannten BMW Isetta handelt es sich um eine Art Rollermobil, das vor allem in der Nachtkriegszeit die deutschen Straßen bevölkerte. Die Isetta wurde vom Hersteller als eine Mischung aus Motorrad und Auto beschrieben – ein sogenanntes „Motocoupé“, das BMW von 1955 bis bis 1962 produziert hat.
Das „VeloWing“ hat Verwandte aus der deutschen Auto-Geschichte
Die Erbauers dieses Berliner Fahrzeugs hatten allerdings nicht die Isetta im Hinterkopf. Für Kai Lüddecke und Stefan Schmidt liegen die Vorbilder sogar noch weiter zurück. Ihnen liegen seit jeher die „Mochets Velocars“ am Herzen. Für die beiden sind sie die direkten historischen Vorläufer. Diese Velocars gab es schon vor rund 100 Jahre. Gegenüber BERLIN LIVE erklärt Stefan Schmidt: „Als wir noch einen Pkw hatten, stand dieser fast nur herum und erfüllte nur in sehr begrenztem Maße unsere Mobilitätsbedürfnisse und Ansprüche.“
Deshalb hätte er verschiedene Alternativen wie Lastenräder und Fahrradrikschas ausprobiert, bevor er dann 2018 Kai Lüddecke und seine „Roadster“ bei einem Lastenradrennen in der Malzfabrik Berlin kennenlernte.
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„2019 entstand dann die Idee, gemeinsam ein solides, alltagsorientes, für Innenstadt wie Gelände geeignetes Velocar als Paralleltandem zu entwickeln. Also nur ein Meter breit, vollgefedert und als Pedelec-25 motorisiert“, so Schmidt. Nachdem das Grundfahrzeug 2022 fertig gestellt war, wurde es weiterentwickelt und getestet – unter anderem „als Kindertransporter“. Laut Kai Lüddecke gibt es aktuell drei Varianten, die in den Farben blaut, rot und „natur“ unterwegs sind. Bei letzterem handelt es sich um das sogenannte „VeloWing“ von Stefan Schmidt, das bei Facebook die Runde machte.
„Von Polizisten kamen bisher ausschließlich anerkennende Worte“
Auch wenn die Begeisterung für das Fahrzeug bei Facebook offensichtlich überwiegt, gibt es auch hässliche Kommentare, die dem Rad im Auto-Look wenig abgewinnen können. Für sie hat dieses Fahrzeug „nichts aber auch gar nichts auf der Straße zu suchen“. Eine Kritik, die Stefan Schmidt schnell entkräften kann:
„Das Ordnungsamt hat sich noch nie dafür interessiert, von Polizisten kamen bisher ausschließlich anerkennende Worte. Eine Zulassung ist für Fahrräder, bzw. Pedelecs generell nicht vorgesehen und auch unnötig. Entsprechend der StVO hat der Motor eine Nenndauerleistung von 250W und unterstützt beim Treten bis 25 km/h.“
Kai Lüddecke ist gelernter Karosseriebauer und entwickelt in seiner Freizeit seit rund zehn Jahren Velocars. Er kennt sich auch im Oldtimerbereich aus und nutzte beim Bau des VeloWings Stahl für Rahmenbauteile und wasserfestes (sogenanntes „kochfest verleimtes“‚) Marinesperrholz für die Verkleidung und selbsttragende Karosserieteile.
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„Abstellen und Durchkommen ist deutlich einfacher als mit einem Pkw“, so Stefan Schmidt. „Man steht nur selten im Stau und findet fast überall ein Plätzchen zum Abstellen, da es sich letztlich „nur“ um ein Paralleltandem handelt – auch wenn die Optik etwas anderes suggeriert.
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Zugleich können schönere Alternativwege zur Fahrbahn genutzt werde, z.B. Forstwege oder Radschnellwege.“ – Wer sich eines dieser Räder mal als aus nächster Nähe anschauen möchte, sollte in den kommenden Monaten auf den Berliner Fahrradmessen die Augen offenhalten. Gut möglich, dass hier auch mal das VeloWing zu Besuch ist.