Es scheint ein unlösbares Problem zu sein: In Großstädten wie Berlin leben eine ganze Menge Tauben. Besonders an Bahnhöfen und großen Plätzen geraten die Tiere mit Passanten in Konflikt, flattern plötzlich auf und verdrecken die Orte mit Kot.
Die Reaktionen darauf sind unterschiedlich. Viele verunglimpfen die Vögel als „Ratten der Lüfte“, andere füttern sie an öffentlichen Stellen. Aus der Politik gibt es immer wieder Bestrebungen, das zu verbieten. Dabei gibt es eine Lösung, bei der alle Seiten gewinnen – doch der wird das Leben schwer gemacht.
Das könnte die Rettung für Berlins Tauben sein
Die silbergraue Box könnte man auf den ersten Blick für einen futuristischen Stromkasten halten. Doch dann fallen einem die vielen Tauben auf, die auf dem Dach und in den Luken sitzen. Hanieh Razawi betreibt hier am Südkreuz ein Taubenhaus – ehrenamtlich und mit einigen Helfern. Doch schon die Organisation der Einsatzstunden sei aufwendig. „Tierschutz ist extrem anstrengend“, erklärt sie im Gespräch mit BERLIN LIVE.
Das Taubenhaus stehe bereits seit sieben Jahren am Bahnhof Berlin-Südkreuz. Davor sei das Designerstück von einem Verein am Potsdamer Platz betrieben worden – doch der habe irgendwann aufgegeben, erinnert sich Razawi. Rund 120.000 Euro seien in den von einem Architekten entworfenen Schlag geflossen. Dabei wäre Holz als Material deutlich besser gewesen als Metall.
Die perfekte Lösung für alle
Die Großstadt-Tauben sind fast ausschließlich verwilderte Haustiere, die an Orten wie Berlin keine Grundlage fürs Überleben finden. Gleichzeitig ist ihnen ein Brutzwang angezüchtet. Die Population vermehrt sich dadurch, obwohl die Tiere sich gar nicht selbstständig versorgen können, erklärt die Tierschützerin gegenüber BERLIN LIVE.
In ihrem Berliner Taubenhaus finden bis zu 400 Vögel Platz, deren Eier gegen Gips-Imitate ausgetauscht werden. So leiden die Tiere nicht und ihre Zahl kann kontrolliert werden. Doch die Behörden arbeiteten gegen sie: Den Ehrenamtlichen werde die mühsame Arbeit noch erschwert und auch der Rahmen der Tierschutzgesetze werde nicht ausgereizt: „Es ist völlig egal, wie viele Menschen sich engagieren, wenn die Politik nichts tut.“
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Das liege auch an der Lobbyarbeit der Taubenzüchtervereine, erklärt Razawi. Denn nach wie vor werden die Tiere etwa als Brieftauben gehalten. Züchter dürften in Deutschland jährlich 800 Tiere aussetzen. Hinzu komme noch ein perfides Trainingskonzept: Um die besten Tauben zu ermitteln, werden die Tiere Hunderte Kilometer weit weggebracht, nur die wenigsten finden den Weg nach Hause. Der Rest landet apathisch auf den Straßen von Städten wie Berlin.
Organisierte Taubenschläge wie der von Hanieh Razawi im Süden Berlins helfen Mensch und Tier. Die Tauben haben dort einen sicheren Schlaf- und Nistplatz und werden gefüttert. Das dämmt auch Krankheiten ein. Die Menschen wiederum geraten nicht so oft mit den Tieren aneinander und leiden nicht mehr unter der Verschmutzung durch deren Kot. Damit das Konzept aufgeht, müsste es aber viel mehr Taubenhäuser geben – und die Arbeit der Tierschützer endlich Wertschätzung erfahren.